Teile einer Burg
Burgen können grundsätzlich sehr unterschiedlich aussehen. Es geht in diesem Kapitel um die
Frage, wie eine “ideale” mittelalterliche Burg aussehen und aus welchen Teilen sie bestehen
könnte. Die genannten Bauteile sind für die meisten Burgen gültig - die einzelnen Fachwörter
werden im Menü “Begriffe” erklärt.
Vorwerk - äußere Vorbauten und Befestigungen
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Barbakane
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Graben
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Zwinger
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Ringmauer
Vorburg mit mehreren Höfen
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Ringmauer (meist mit
einem Graben davor)
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Befestigte Tortürme mit
Pechnasen, Fallgittern
und Zugbrücke(n)
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Nebengebäude für das
Gesinde
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Ställe für Tiere, Scheunen
und Lagerräume für die
Landwirtschaft, Waffen
und Munition
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Wirtschaftsbetriebe und
Handwerksbetriebe
(etwa Bäckerei, Schmiede, Tischlerei etc.)
Hauptburg (Kernburg)
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Ringmauer
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Innenhöfe (mit Zisterne bzw. Tiefbrunnen)
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Palas (Saalbau)
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Kemenate (Familienwohnteil, mit Kamin beheizbar)
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Küche
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Bergfried (hoher Wehrturm)
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Kapelle
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Dürnitz
Teile einer Burg
Vorwerk - äußere Vorbauten
Das Vorwerk schützt die Burg an jener Stelle, die bei Angriffen besonders gefährdet ist. Vom
Vorwerk gelangt man normalerweise in die Vorburg und von dort weiter in die Kernburg.
Zu den äußeren Vorbauten gehört die Barbakane, eine dem äußeren Graben vorgelagerte
Toranlage. Die Barbakane bildet eine eigene kleine Befestigungsanlage mit zwei Toren und
einem kleinen Hof. Das vordere Tor bietet Eingang in die Barbakane, vom hinteren Tor führt
eine Brücke in die Vorburg. Barbakanen kommen selten vor, in Tirol bei der Ruine Thaur.
Erreicht man von außen eine Burg, stößt man zuerst grundsätzlich auf den Burggraben.
Befindet sich die Burg am Ausläufer eines Bergrückens, dient der Halsgraben zur Abtrennung
der Burg vom Bergsporn. Gräben konnten entweder entweder trocken sein oder geflutet
werden. Selbst wenn das Wasser ausgelassen wurde, war der Graben wegen des feuchten und
rutschigen Untergrunds kaum passierbar.
Weiters konnte es noch den Zwinger geben. Es handelt sich dabei um einen freien Bereich, der
von zwei Mauern - der hohen Burgmauer und der niederen Zwingermauer - begrenz ist. Der
Angreifer war zwischen beiden Mauern relativ ungeschützt und konnte von der Burgmauer her
bekämpft werden.
Haupt- bzw. Kernburg
Dabei handelt es sich um den wichtigsten Teil der Burg, dem inneren befestigten
Wohnbereich des Burgherrn. Viele kleinere Burgen bestehen nur aus der Kernburg
und vielleicht der Vorburg. In der von einer Ringmauer umfassten Kernburg liegen die
wichtigsten Räumlichkeiten: Palas (Wohnbereich für den Burgherren und seiner
Familie sowie der wichtigsten Bediensteten), Küche, Kapelle, Brunnenhaus, Badhaus.
Betreten wird die Kernburg durch das stark befestigte Haupttor von der Vorburg aus,
soweit eine solche vorhanden ist, oder überhaupt durch das Haupttor von außen her.
Die Ringmauer bzw. Wehrmauer ist mindestens 1,5 m dick, wird oben von Zinnen
abgeschlossen und kann auf der Innenseite einen hölzernen Wehrgang besitzen.
Meist befindet sich der Bergfried, die letzte Zufluchtsstätte der Burgbewohner, auch
im Bereich der Kernburg.
Bergfried
Häufig ist der Bergfried sozusagen das markanteste Merkmal einer
Burg. Es handelt sich dabei um den Hauptturm, meist auch um den
höchsten Turm. Grundsätzlich war der Bergfried unbewohnt und
nur von der Turmwache besetzt. Er diente auch als Aussichtspunkt.
Der Zugang lag häufig relativ hoch und war nur über eine Leiter
erreichbar. Unter dem Eingangsgeschoss befand sich häufig ein
leerer Raum ohne Fenster und ohne Türen, der gelegentlich als
Verlies benutzt wurde. Doch war dies nicht die Norm.
Die Höhe betrug normalerweise zwischen 20 und 30 m, die
Mauerdicke zwischen 2 und 3 m. Die Form konnte quadratisch,
rund, rechteckig, fünfeckig etc. sein. In die einzelnen Stockwerke
führten hölzerne Treppen. Die Stockwerke selbst bestanden aus
Holzbalken und Brettern, wobei die Balken in die Steinwand
eingelassen waren. Heute sieht man noch oft diese Balkenlöcher,
wenn die Stockwerke nicht mehr erhalten sind.
Der Bergfried hatte vor allem eine militärische Funktion. Entweder
steht der Turm direkt an der Außenwand an einer besonders
gefährdeten Stelle oder irgendwo in der Burg. Er war ein typisches
Herrschaftszeichen und als letzter Rückzugsort nur bedingt
geeignet. Das Problem war vor allem die fehlende
Wasserversorgung.
Wasserversorgung - Brunnen - Zisterne
Gerade in Zeiten der Belagerung musste eine Burg eine eigene
Wasserversorgung haben. Grundsätzlich gab es zwei
Möglichkeiten dazu, eine Zisterne oder einen Tiefbrunnen. Es
konnte aber auch Wasserleitungen aus Holz oder Blei geben,
die aber bei Belagerung häufig gekappt wurden.
Bei einer Zisterne handelt es sich um eine Aushöhlung im
Boden, in der das Regenwasser von den Dächern gesammelt
wurde. Zur Reinigung diente eine Kiesauflage am Boden.
Tiefbrunnen reichten bis zum Grundwasserspiegel, mussten
aber unter Umständen sehr mühsam durch den Fels gegraben
werden. Am Ende eines Seiles oder einer Kette war ein Kübel
befestigt, der mittels einer Winde heraufgezogen werden
konnte. Ein gutes Beispiel ist der rund 57 m tiefe Tiefe Brunnen
auf der Festung Kufstein.
Ringmauer - Zinnen - Schießscharten
Die Ringmauer begrenzt die Kernburg nach außen. Sie ist mindestens 1,5 m stark, wird von Zinnen
bekrönt und besitzt meist einen hölzernen Wehrgang. Vor der Ringmauer ist häufig der Graben.
Es kann aber auch äußere Vorkragungen (Vorsprünge) mit Öffnungen im Boden geben, die
sogenannten Maschikuli.
Den oberen Abschluss der Ringmauer bilden Zinnen. Sie waren ursprünglich rechteckig. Einerseits
sollte der Verteidiger dahinter Schutz finden, andererseits aber auch die Möglichkeit zum Schießen
haben. In der Zeit der Renaissance gab es auch andere Formen, etwa Schwalbenschwanzzinnen.
Schießscharten in der Mauer sind schmal und lang. Sie haben an der Innenseite eine Nische. Als
Waffen fanden Pfeil und Bogen sowie die Armbrust Verwendung. Ab dem 14. Jh. treten
Feuerwaffen auf, zunächst Hackenbüchsen, Gewehre mit einem Haken zum Auffangen des
Rückstoßes. Die Schießscharten werden breiter und können im unteren Bereich eine Rundung
erhalten - man spricht von Schlüssellochscharten.
Eine Sonderform der Ringmauer ist die gerade verlaufende Schildmauer, ein besonders hoher und
breiter Teil der Ringmauer in einem stark gefährdeten Bereich. Eine gekrümmte Schildmauer wird
als Mantelmauer bezeichnet.
Verlies - Gefängnis
Dienten Burgen auch als Gerichtssitze, gab es ein Gefängnis bzw. Verlies.
Dort wurden die Beschuldigten bis zur Gerichtsverhandlung verwahrt.
Grundsätzlich waren in Mittelalter Gefängnisstrafen unüblich.
Gefängnisse treten erst in der Neuzeit auf. Bei geringen Vergehen
musste der Verurteilte eine Geldstrafe bezahlen oder wurde an einem
öffentlich Platz “ausgestellt”. Dazu dienten die Pranger. Auch die Strafen
für schwere Verbrechen, etwa das Abschlagen einer Hand für Diebe, und
die Hinrichtung von Verurteilten wurden öffentlich ausgeführt.
Keller - Vorratsräume
Keller dienten vor allem als Vorratsräume.
Dort was es kühl. Obst, Gemüse, Fleisch,
Fisch, Getreide, aber auch Wein und Bier
etc. konnten gelagert werden. Manche
Lebensmittel wurden auf Haken von der
Decke herabhängend aufbewahrt, um sie
vor Ratten und Mäusen zu schützen. Fleisch
und Fisch wurde häufig in Fässern haltbar
gemacht: Lage Fleisch bzw. Fisch, Lage Salz,
dann wieder Fleisch bzw. Fisch, dann wieder
Salz etc. Fäulnissbakterien benötigen
Feuchtigkeit. Das Salz entzieht dem Fleisch
bzw. Fisch die Feuchtigkeit.
Kapelle
Zu jeder Burg gehörte eine Kapelle, denn die
Religion spielte eine außerordentlich wichtige
Rolle. Kapellen konnten entweder über dem
Hauptor, als Anbau eines Wohnbaus bestehen
oder frei stehen.
An den meist kleinen Versammlungsraum schloss
der Altarraum an. Der Altar selbst befand sich
meist in einem nach außen vorspringenden
Altarerker bzw. Altaranbau, denn über dem Altar
durfte sich kein Gebäude mehr befinden. Nach
außen ist eine Kapelle durch diese Nische und
durch große rundbogige Fenster (romanischer
Stil) oder spitzbogige Fenster (gotischer Stil) zu
erkennen.
Große Burgen besaßen Doppelkapellen mit zwei
Geschossen. Im Obergeschoss konnte der
Burgherr mit seiner Familie der Messe
beiwohnen.
Burghof - Zisterne - Tiefbrunnen
Um den Burghof sind die wichtigsten Gebäude der Burg
angelegt und von ihm aus zu erreichen: Wohnbauten des
Burgherrn, seiner Familie und der engsten Bediensteten,
Küche, Kapelle, Brunnenhaus, Badhaus. Es hängt von der
Geländeform ab, ob der Burghof eben oder stufenförmig
angelegt ist.
Im Hof ist auch meist die Zisterne, ein unterirdischer
Raum, in dem das Regenwasser von den Dächern
gesammelt wurde. Manchmal bestand ein Tiefbrunnen
zum Grundwasser eines Flusses oder Sees. Dies waren
die beiden Möglichkeiten zur Wasserversorgung in
Notzeiten.
Heizung - Kamine, Öfen
Zum Heizen auf der Burg dienten in erster
Linie Kamine. Das waren offene Feuerstellen,
die in die Steinwand eingelassen waren und
nach oben einen Abzug besaßen. Der
Abzugskamin befand sich entweder direkt in
der Steinwand oder war außen angebaut.
Kamine konnten die Räume meist nur wenig
erwärmen. Gerade in großen Räumen, etwa in
Sälen, konnten in einem Winter Unmengen an
Holz verheizt werden.
Öfen bestanden ursprünglich aus Kacheln oder
aus Eisenplatten. Sie wurden meist vom Gang
oder einem Nebenraum beheizt.
Wohngebäude, Wohnturm
Der Wohnbau bzw. Wohnturm ist das Hauptgebäude der gesamten Burg. Es konnte aber auch
mehrere Wohngebäude geben. Zu den wichtigsten Wohnräumen gehörten: beheizbare
Aufenthaltsräume (Stube bzw. “Wohnzimmer”) und Repräsentationsräume (etwa Saal - Rittersaal),
unbeheizbare Kammern (Schlafzimmer), Zimmer für Verwaltung und Regierung, Küche,
Vorratsräume, Badestube sowie Aborte. Je nach Größe und Bedeutung der Burg variierte die Anzahl
der Räumlichkeiten. Immer vorhanden waren aber Aufenthaltsräume und Schlafräume (Kammern).
Erreichbar waren die Wohnräume entweder ebenerdig vom Burghof oder über eine kurze Freitreppe.
Im 12./13. Jh. gab es es auch Wohnbauten mit hoch gelegenen Eingängen zur Sicherheit.
Wohngebäude haben oft einen längsrechteckigen Grundriss, Wohntürme hingegen einen annähernd
quadratischen. Sie sind höher als Wohngebäude. Beide haben aber zumindest beheizbare
Aufenthaltsräume, unbeheizte Kammern (Schlafräume), eine Küche und Aborte.
Die Wohnraumbezeichnung ist nicht klar definiert: Der Begriff Palas ist allgemein für den Wohnbereich
gültig. Unter Kemenate (Kamin, von lat. caminus bzw. caminatus) versteht man einen beheizbaren
Raum, auch ein Wohngebäude, jedoch nicht “Frauenraum”. Männer und Frauen wohnten in denselben
Räumen.
Abort - Abtritt - Plumpsklo
Neben der Heizung war der Abort ein wichtiges Indiz für den
Wohnbereich. Er war entweder als Aborterker an der
Außenmauer angebaut oder in die Außenmauer eingebaut. Die
Entleerung fand normalerweise in den Burggraben statt. Aborte,
auch Abtritte oder “Heimlichkeiten” genannt, waren als
Plumpsklos konzipiert und befanden sich meist in der Nähe der
Schlafräume (Kammern) bzw. der Säle.
Küche
Jede Burg hatte zumindest eine Küche, die sich grundsätzlich
im Wohnbereich befand. Erst nach dem Mittelalter wurden
Küchen wegen der Brandgefahr in eigenen Bauten
untergebracht.
Meist gab es nur ebenerdige offene Feuerstellen. Kochgefäße
aus Metall oder Keramik wurden in das offene Feuer gestellt
oder hingen an einem Haken von der Decke. Wenn möglich,
befand sich über dem Feuer ein Rauchabzug. Größere
Küchen besaßen auch Vorrichtungen zum Grillen von Fleisch.
Die Töpfe und Pfannen waren sehr einfach gestaltet.
Badestube
Badestuben gehörten zu einer Burg dazu und lagen meist im Erdgeschoss. Wichtig waren die
leichte Versorgung mit heißem Wasser, das Vorhandensein einer Feuerstelle und eines Ofens
sowie die Entsorgung des Wassers in den Burggraben. Oft gab es mehrere Räume: Heizraum für
das Wasser, eine mit einem Ofen beheizbare Badestube, eine beheizbare Kammer.
Für den Burgbewohner war das Baden bedeutsam. Einerseits diente es der Köperpflege,
andererseits war es ein gesellschaftliches Ereignis. Heute würde man von Wellness sprechen.
Während des Badens wurde auch gegessen, getrunken und Musik gehört. Oft war das
Badeerlebnis mit ausschweifenden Vergnügungen verbunden. Gebadet wurde häufig in
hölzernen Zubern, Männer und Frauen zusammen. Bademägde übernahmen die Betreuung.
Vorburg
Die Vorburg ist der Haupt- oder Kernburg normalerweise auf einer
Seite, der Zugangseite zur Burg, vorgelagert. Um einen möglichst
großen Hof befinden sich Wirtschaftsgebäude (Ställe, Scheunen,
Getreidespeicher, Futterspeicher für Tiere etc.) sowie die Schmiede
und andere Handwerksgebäude. Je nach Beschaffenheit des Geländes
konnten Vorburgen klein oder groß sein. Hier waren auch die Pferde
der Ritter untergebracht. Bei Belagerung war es wichtig, dass sich die
Burgbewohner über längere Zeit selbst versorgen konnten. Deshalb
hielt man auch Kühe, Ziegen, Schweine und Hühner.
Umschlossen war die Vorburg von einer Ringmauer. Den Eingang von
außen bildete ein wehrhaftes Tor, meist mit einem Turm und einer
Zugbrücke. Zur Kernburg hin gab es ebenfalls einen stark befestigten
Eingang sowie eine hohe Mauer.
Graben - Zugbrücke - Torturm - Fallgitter - Wurferker
Nähert man sich einer Burg, stößt man zuerst meist auf
einen Graben, eine Brücke (Zugbrücke) und den Torturm.
Der Graben kann geflutet oder ohne Wasser sein. Er ist
möglichst tief und soll verhindern, dass Angreifer direkt zur
Burg gelangen und Leitern, Katapulte und andere
Eroberungsgeräte aufstellen können. Heute führt über den
Graben meist eine Brücke, früher war es eine Zugbrücke.
Das Hauptor ist häufig von einem Torturm überbaut. Der
Eingang kann durch ein Fallgitter gesichert sein. Das
hölzerne Gitter besitzt seitliche Führungschienen und kann
hochgezogen bzw. heruntergelassen werden.
Die Zugbrücke dient einerseits als Brücke über den Graben,
andererseits schließt sie, wenn hochgezogen, den Eingang
ab. An ihrem äußeren Ende sind meist Ketten befestigt, die
im Torturm über Rollen eingezogen werden können.
Direkt über dem Eingang befindet sich der Wurferker, häufig
auch als Pechnase bezeichnet. Von dort wurde
heruntergeschossen. Es ist nicht richtig, dass dort heißes
Pech bzw. Wasser heruntergelassen wurde.
Das große Burgtor bestand aus Holz, war aber an der
Außenseite oft durch Eisenplatten geschützt. Es konnte eine
kleine Türe eingelassen sein, das sogenannte Mannsloch,
durch das nur eine Person eintreten konnte.