Burg Naudersberg - Nauders
Rund 1 km südlich der Ortschaft Nauders erhebt sich
auf einem sanft abfallenden Hügel die Burg
Naudersberg in 1380 m Seehöhe.
Die Befestigung steht direkt neben der
Reschenbundesstraße und ist von dort aus zu Fuß
oder mit dem Auto erreichbar. Vor der Burg besteht
ein Parkplatz.
Wegen ihrer strategisch
günstigen Lage wurde
Naudersberg immer
wieder ausgebaut und
befestigt. Die um einen
Innenhof verhältnismäßig
groß angelegte
rechteckige Burganlage
besteht aus
verschiedenen Teilen.
Durch einen von einer
Mauer umgebenen
Vorhof bzw. Zwinger gelangt man zum Burgtor, das
in den Burghof führt, der wieder von einer
Ringmauer umschlossen ist. Deutlich ist der
eigentliche Burgkomplex zu erkennen. Auch hier sind
die wichtigsten Teile einer mittelalterlichen Burg erhalten: Bergfried, Kapelle, Palas, Bastei, Zisterne
und andere.
Seit dem ausgehenden 13. Jh. bis zum Ende des Ersten
Weltkriegs war Nauders Gerichtssitz und nahm deshalb
eine besondere Stellung ein. Das Gericht Naudersberg
gehörte zum Vinschgau
und unterstand von
Anfang an den Grafen
von Tirol. Nach dem
Ende des Ersten
Weltkriegs 1918 und
den Friedensverträgen von St. Germain 1919 musste der südlich
des Reschenpasses gelegene Teil des Gerichts an Italien abgetreten
werden. Der Gerichtssitz wurde schließlich nach Landeck verlegt.
Hier soll auch erwähnt werden, dass der Vinschgau bei Nauders
beginnt.
In der Burg Naudersberg befindet sich ein sehenswertes Museum.
Höhepunkte dabei sind die Täfelung der ehemaligen Richterstube,
verschiedene landwirtschaftliche Geräte, ein kleines Skimuseum und
Objekte, die das Verkehrswesen betreffen. Was die Kunst dieser
Gegend betrifft, sind Werke von einheimischen Künstlern ausgestellt.
Karl von Blaas (1815-1894) erlangte als Historienmalerei Berühmtheit. Seine
Hauptwerk sind die Fresken in der Ruhmeshalle des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien.
Franz Anton Stecher (1814-1853) wirkte vor allem in den USA als Kirchenmaler.
Der Bildschnitzer Josef Barthlmä Kleinhans (1774-1853) erblindete schon als Kind, schuf aber
dennoch unter anderem 300 Kruzifixe, die in ganz Europa verbreitet sind.
Unterhalb der Burg steht an der alten Passstraße die
romanische Leonhardskapelle aus dem 12. Jh. Die
in der Apsis und am Triumphbogen aufgefundenen
Fresken mit Christus in der Mandorla und den
Apostelköpfen stammen aus der Zeit um 1150 und
zählen zu den ältesten erhaltenen Fresken
Nordtirols.
Da es in Nordtirol kaum erhaltene romanische
Fresken gibt, sind jene in der Leonhardskapelle
besonders wertvoll. Fährt man weiter über den Reschenpass in den Vinschgau, so stößt man auf
eine Fülle an vorromanischen und romanischen Fresken, die großteils noch gut erhalten sind:
Benediktinerstift Marienberg, St. Benedikt in Mals, St. Johann in Taufers, St. Nikolaus in Burgeis, St.
Johann in Müstair (Schweiz) u. a.
Typisch für die romanische Wandmalerei sind die
grafische Darstellung, der in Farbzonen gestaltete
Hintergrund, die Bedeutungsperspektive - dabei ist
die wichtigste Person, meist Jesus, am größten
dargestellt -, große
Augen, grundsätzlich
sehr farbige
Darstellungen u. a. Viele Werke zeigen byzantinischen Einfluss.
Burg Naudersberg - Nauders
Zur Geschichte
•
Vermutlich vorgeschichtliche Siedlung
und später römisches Kastell auf dem
Hügel
•
1239 erste Nennung der “Herren von
Nauders” und einer Burganlage
•
15. Jh. Ausbau der Anlage unter
Erzherzog Sigmund dem Münzreichen
•
1499 Einfall der Engadiner und
Erstürmung der Burg - Instandsetzung
unter Kaiser Maximilian I.
•
1535 Ausbau und Umbau für
Wohnzwecke
•
Gerichtssitz 13. Jh. bis 1919
•
Nach 1919 Verwendung als
Gendarmerie-Kaserne und
Erholungsheim für Schüler
•
Seit 1980 im Besitz der Familie
Köllemann - Renovierung und
Revitalisierung - Museum
Via Claudia Augusta
Die Via Claudia Augusta führte von Altinum an der oberen Adria über Feltre,
das Valsugana nach Trient und weiter über Bozen, den Vinschgau, den
Reschenpass und den Fernpass durch das Lechtal nach Füssen und von dort
nach Augsburg, um in Kastell Burghöfe die Donau zu erreichen.
Diese Römerstraße stellte im 1. und 2. Jh. n. Chr. die wichtigste Verbindung
von der Adria zur Donau dar, verlor aber dann durch den Ausbau der
Brennerroute immer mehr an Bedeutung. Da die Straßenführung gut
durchdacht und angelegt war, folgen die heutigen Hauptstraßen in weiten
Abschnitten noch der römischen Strecke.
Der systematische Ausbau erfolgte unter Kaiser Claudius, wobei der Beginn
46/47 n. Chr. anzusetzen ist.
Für die Römer waren die Straßen in erster Linie wichtig, um Militär möglichst
schnell von einem Ort zum anderen zu bewegen. Dazu kam natürlich auch
der Handel. Wo möglich, wurden die Straßen ganz gerade angelegt. War es
nötig, wurden Aufschüttungen getätigt, Brücken und Tunnels angelegt. Die
Via Claudia Augusta ist in ihrem gesamten Verlauf durchschnittlich 5-7 m
breit und wird links und rechts von kleinen Gräben für die Entwässerung
begleitet.
Naudersberg als Gerichtssitz
Vom ausgehenden 13. Jh. bis 1818 war Burg Naudersberg Sitz eines
Pflegers (Richters). Das Gericht Naudersberg, ein Teil der Grafschaft
Vinschgau, unterstand den Grafen von Tirol. Zum Gericht gehörten die
Dörfer Reschen, Graun, St. Valentin und Langtaufers, außerdem das
Unterengadin bis Pontalt bei Zernez (bis 1652), das Oberpaznaun mit
Ischgl und Galtür sowie das Samnaun und zeitweise auch Pfunds.
Der Richter musste ein Tiroler sein und bis ins 17. Jh. die rätoromanische
Sprache beherrschen. Über viele Jahrhunderte gab es im Raum von
Nauders neben den Rätoromanen nur wenige deutsche Familien, die als
“Freisassen” besondere Vorrechte besaßen. Sie durften im Kriegsfall hoch
zu Ross ausrücken, ein Wappen führen und auch andere Adelsvorrechte
beanspruchen. Bis 1633 waren sie im Tiroler Landtag in der Adelskurie
vertreten.
Nach der Dreiteilung Tirols im Jahre 1919 musste der südlich des
Reschenpasses gelegene Teil des Gerichts an Italien abgetreten werden.
Der bei Österreich verbliebene Teil verlor die notwendige Mindestgröße
für ein Bezirksgericht. Daher wurde der Gerichtssitz aufgelassen und
zunächst nach Ried im Oberinntal, später nach Landeck verlegt.
Man spricht vom “Oberen Gericht” und versteht darunter die Gegend
zwischen Landeck und dem Reschenpass.