Festung Rattenberg
Die kleine mittelalterliche Stadt Rattenberg liegt
im unteren Inntal ca. 45 km östlich von Innsbruck,
eingeengt zwischen Inn und Burgfelsen. Noch
heute wird sie von den Ruinen der einstigen Burg
bzw. Festung beherrscht. Man unterscheidet
zwischen einer oberen und unteren Burg bzw.
Festung. Rattenberg war bis 1504 bayerische
Grenzstadt, Durchzugsort für den Verkehr,
bedeutende Bergbaustadt vom 15. bis zum 17. Jh.
(Abbau von Silber und Kupfer). Heute ist
Rattenberg als Glasstadt mit zahlreichen Glasfachgeschäften und
wegen seines ausgezeichnet erhaltenen mittelalterlichen
Stadtbildes bekannt. Zudem gilt Rattenberg als Geburtsort der hl.
Notburga, der einzigen Heiligen Tirols.
Zwei steile Wege
führen in wenigen
Minuten zur den
Resten der
unteren Festung -
der eine nimmt
seinen Anfang
vom westlichen Parkplatz, der andere zweigt
gleich nach der Bahnunterführung bei der
Pfarrkirche rechts ab. Beide Wege enden in einer
Senke, in der im Sommer Theateraufführungen
(“Schlossbergspiele Rattenberg”) stattfinden. Von
dort gelangt man zum ehemaligen Bergfried der
unteren Festung bzw. über einen steilen Anstieg
mit in den Felsen gehauenen Stufen zur oberen
Festung.
Es gibt jedoch noch eine weitere Möglichkeit, zur
oberen Festung zu gelangen. Folgt man nach der
Bahnunterführung bei der Pfarrkirche der
Häuserzeile, verlässt man nach kurzer Zeit die
Stadt durch das ehemalige Kundlertor. Gleich
rechts danach steigt ein Waldweg in zahlreichen Windungen zur oberen Festung an.
Von der unteren Festung ist leider nur
mehr sehr wenig erhalten: der Bergfried,
einige Grundmauern und die ehemaligen
Stallungen bzw. Lagerräume. Die
mittelalterliche Burg hatte allerdings eine
große Ausdehnung und erhob sich
mächtig über der Stadt. An die einstige
obere Festung erinnern noch Reste des
Hauptgeschützturmes und der vier kleineren Ecktürme. Von beiden Anlagen genießt man einen
herrlichen Ausblick auf die Stadt, das Unterinntal und die Berge.
Bis 1504 war Rattenberg bayerische Grenzstadt zu Tirol,
wodurch die Bedeutung der Burg und der Stadt leicht
erklärbar ist. 1504 konnte Kaiser Maximilian I. die
Gerichtsbezirke Rattenberg, Kitzbühel und Kufstein im
Zuge des bayerisch-pfälzischen Erbfolgekriegs für Tirol
gewinnen.
Die Burg war auch Gefängnis
und Hinrichtungsstätte für
zahlreiche Wiedertäufer. Die Tiroler Landesfürsten waren extrem
katholisch, Andersgläubige wurde verfolgt, gefoltert, getötet oder des
Landes verwiesen. In den Jahren zwischen 1528 und 1540 wurden 71
Angehörige dieser Sekte hier hingerichtet.
1651 fand der Schauprozess gegen den
Tiroler Kanzler Dr. Wilhelm Bienner auf der
unteren Festung statt. Schon von
vornherein stand seine Schuld fest und er
wurde zum Tode verurteilt und enthauptet.
Rattenberg ist auch in die
Geschichte als Geburtsort der
hl. Notburga von Rattenberg
bzw. von Eben eingegangen.
Sie wurde um 1265 als Tochter
eines Hutmachers in der Stadt
geboren und die einzige Tiroler
Heilige.
Festung Rattenberg
Zur Geschichte
•
Um 1100 bestand vermutlich schon eine
Burg zur Überwachung der Straße, des
Schiffsverkehrs auf dem Inn sowie als
Grenzbefestigung gegen Tirol - untere Burg
•
Um 1300 Ausbau der unteren Burg
•
Nach 1504 Ausbau zur Festung unter
Kaiser Maximilian I. - er ließ auch die
obere Festung erbauen
•
1703 Belagerung im Zuge des “Boarischen
Rummels” durch die Bayern
•
1782 Auflösung aller Tiroler Festungen
unter Kaiser Joseph II. - Verfall der Anlage
(nur die Festung Kufstein blieb bestehen
und wurde ausgebaut)
Hl. Notburga von Rattenberg bzw. Eben
Der Legende nach wurde Notburga um 1265 als Tochter eines Hutmachers in
Rattenberg geboren. Als junges Mädchen arbeitete sie auf der Burg Rottenburg
bei Rotholz, wo sie sich intensiv um Arme und Kranke kümmerte. Der alte Graf
hatte nichts dagegen, doch nach seinem Tod verbot ihr der junge Graf diese
Mildtätigkeit. Sie sparte sich jedoch Speisen und Getränke vom Mund ab. Als ihr
eines Tages der junge Herr begegnete, wollte er wissen, was sie in ihrer Schürze
trug. Wahrheitsgemäß antwortete sie, dass sie Brot und Wein verteile. Der
junge Graf schaute nach und fand in der Schürze Lauge und Hobelspäne.
Daraufhin wurde Notburga entlassen.
Sie ging zu einem Bauern in Eben am Achensee als Magd in den Dienst. Nach
dem Aveläuten wollte sie zur Messe gehen, was ihr der Bauer verbot, da die
Ernte eingebracht werden musste. Notburga bat um eine Zeichen des Himmels -
als sie ihre Sichel in die Luft warf, blieb diese an einem Sonnnstrahl hängen.
Inzwischen waren auf der Rottenburg Not und Krankheit eingekehrt. Der junge
Graf holte sie zurück und sie durfte ungehindert den Armen und Kranken helfen.
Kurz vor ihrem Tod gab sie folgende Anweisung: Nach ihrem Ableben sollte
man ihren Leichnam auf ein Ochsengespann legen und dort begraben, wo die
Ochsen stehen blieben. Die Tiere zogen in Richtung Jenbach, wobei sich der Inn
teilte, weiter über den Kasbachgraben zur kleinen Rupertikirche in Eben am
Achensee. Dort ist sie angeblich bestattet und heute noch ihr Skelett im
Hochaltar zu sehen.
Darstellung: Bauernmad mit Sichel, Brot, Trinkgefäß mit Wein, Schlüsseln
Kanzler Dr. Wilhelm Bienner
Nach dem Tod des Tiroler Landesfürsten Erzherzog Leopold V. folgte dessen
Gattin Claudia de’ Medici als Regentin für ihre noch unmündigen zwei
Söhne nach. Sie fand in Kanzler Dr. Wilhelm Bienner einen tüchtigen
Beamten, der sich an die Spitze der Regierung emporarbeitete und gute
Erfolge erzielen konnte. Leider ging er einerseits gegen seine Untergebenen
häufig sehr energisch vor und schaffte sich deshalb zahlreiche Feinde,
andererseits hatte er wegen seiner Erfolge und der Unterstützung von
Claudia de’ Medici auch viele Neider.
Nächster Landesfürst war Claudias ältester Sohn Erzherzog Ferdinand Karl.
Er war allerdings schwach und wenig entschlussfreudig. Schmeichler
konnten ihn gegen Bienner einnehmen. Um ihm den Prozess zu machen
und ihn loszuwerden wurden verschiedene Anschuldigungen erfunden:
Steuerhinterziehung, gefälschte Reiserechnungen etc. Der Angeklagte
konnte praktisch alle Anschuldigungen widerlegen, doch der Ausgang des
Prozesses war von vornherein festgelegt und Bienner wurde auf der unteren
Festung enthauptet. Belegt ist, dass der Schwertstreich des Henkers so
kräftig war, dass nicht nur das Haupt, sondern auch die vor dem Haupt zum
Gebet gefalteten Hände abgetrennt wurden.